Nicht nur die Versorgungsschwankungen bei Strom aus erneuerbaren Energien müssen ausgeglichen werden: Was tun mit all der überschüssigen Energie, die künftig in der verbrauchsarmen Zeit in riesigen Wind- und Solarparks erzeugt wird? Diese überschüssige Energie braucht große Speicher, um sie bei erhöhter Nachfrage sofort wieder zur Verfügung stellen zu können. Möchten wir in Österreich die Stromproduktion zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen gewinnen werden Speicher benötigt, die mehr als das 100-fache der potenziellen Pumpspeicherkapazität haben. (Quelle: TU Wien, ESEA/EA (Hrsg.): „Super-4-Micro-Grid“, Endbericht zum Forschungsprojekt, Wien 2011). Die bislang eingesetzten Pumpspeicheranlagen aber auch Batteriespeicherlösungen werden daher mit ihren Kapazitäten bei weitem nicht ausreichen und können zudem nur Strom abgeben. Hier bietet das Multitalent Erdgas eine Lösung. Neben der Produktion von Strom kann es vor allem zum Heizen, Fahren und als Rohstoff verwendet werden. Die Gasinfrastruktur, bestehend aus Pipelines und Erdgasspeichern, erfüllt bereits jetzt alle Voraussetzungen, um künftig als Vorratsspeicher für Ökoenergie genutzt werden zu können.
Nachhaltige sichere Energieversorgung, die ökonomisch gangbar, ökologisch nachhaltig und sozial verträglich ist, genießt in der europäischen Politik einen hohen Stellenwert. Ebenso eine Reduktion der stetig steigenden Importabhängigkeit bei Energie.
Energieunternehmen und die Forschung arbeiten in Österreich und Deutschland mit Hochdruck an neuen Ansätzen, um Strom effizient und in großen Mengen zu speichern. Besonders vielversprechend als Lösungsansatz ist die sogenannte „Power to Gas“-Technologie. Dabei wird erneuerbare Energie in Gas umgewandelt, um dieses dann mit der bestehenden Erdgasinfrastruktur zu transportieren und zu speichern.
Die neue, besonders umweltfreundliche Technologie funktioniert denkbar einfach: Mithilfe der überschüssigen Sonnen- und Windenergie wird mittels Elektrolyse Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff aufgespalten. Der Wasserstoff kann nun direkt gespeichert und später weiterverwendet werden (z.B. als Primärenergie in Brennstoffzellen). Möglich ist allerdings auch einen weiteren Prozessschritt anzuschließen: Bei der sogenannten Methanisierung reagiert der Wasserstoff mit Kohlendioxid (CO2). Das CO2 wird aus der Luft entnommen oder kann auch aus einer Biogas- oder Industrieanlage stammen. Nach diesem Prozess liegt Methan als regenerativ erzeugtes synthetisches Gas vor.
Methan ist mit rund 98 Prozent der Hauptbestandteil von Erdgas. Dieses kann in das reguläre Gasnetz eingespeist werden und steht wie klassisches Erdgas entweder direkt für das Heizen von Wohnungen, für die Industrie und als erneuerbarer Kraftstoff in der Mobilität zur Verfügung – oder es wird zur Stromerzeugung in Gaskraftwerken genutzt. Die einzige Emission, die während des Prozesses entsteht, ist Sauerstoff, der bei der Spaltung von Wasser frei wird. Derzeit liegt der Wirkungsgrad bei der Umwandlung von Sonnen- und Windenergie in synthetisches Erdgas bei 60 Prozent – sehr viel, wenn man bedenkt, dass der überschüssige Strom gegenwärtig aus Mangel an Speichermöglichkeit oft gar nicht genutzt werden kann und Windräder aus dem Wind gedreht oder ganze Windparks vom Netz genommen werden müssen. Kann der Wasserstoff direkt genutzt werden, ist der Wirkungsgrad noch um einige Prozentpunkte höher.
„Europa setzt auf erneuerbare Energieträger. Trotzdem muss verlässlich Energie geliefert werden können – rund um die Uhr. Dies ermöglicht der Energieträger Gas. Mit der Zukunfts-technologie ‚Power to Gas‘ kann es gelingen, in großem Stil die Sonnen- und Windenergie wirtschaftlich rentabel zu transportieren, zu speichern und somit jederzeit verfügbar zu haben. Die Infrastruktur dafür ist bereits vorhanden: Wir haben die Leitungen und die Speicher.“
Markus Mitteregger, Generaldirektor der RAG
Durch Elektrolyse und Methanisierung wird also Strom in Wasserstoff und Erdgas umgewandelt und damit erstmalig in großem Umfang speicherbar. Gleichzeitig löst diese Methode auch die größte Schwierigkeit der Stromspeicherung, nämlich das Platzproblem. Es kann einfach auf die bestehende Erdgasinfrastruktur, sprich das Leitungsnetz und die großen vorhandenen Erdgasspeicher, zurückgegriffen werden. Statt neue, teure und technisch aufwändige Speichermöglichkeiten zu entwickeln und zu bauen, wird der Strom – der in synthetisches Erdgas umgewandelt wurde – in den ausgeförderten Erdgaslagerstätten zwischengespeichert.
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